Königsscheibe von 2004

Königsscheibe von 2004
Art.Nr.: 2004



    Motiv:
    Der kurmainzer Jäger Sator stellt den Wilderer Johann Adam Hasenstab am 03.Juni 1773.


    Der Wildschütz  Johann Adam Hasenstab
    Johann Adam Hasenstab, am 21. September 1716 in Rothenbuch als Enkel des kurfürstlich-mainzischen Jägers Karl Hasenstab geboren, wurde bereits zu Lebzeiten zur Sagengestalt. Man glaubt, Anzeichen dafür zu besitzen, dass er mainzischer Jagdgehilfe war und den Dienst quittieren musste, weil er schon früh sein Einkommen mit Wilddiebereien aufgebessert hat.
    Hasenstab zog durch den Spessart und das Taubertal und machte seine Neigung zu raschen Ortswechseln damit glaubhaft, daß er sich als Heilkundiger ausgab. Dabei konnte er seine Wildererbeute an Gastwirte, Bauern und sogar an Pfarrer verkaufen. Er wurde zum Erzfeind der Mainzer Jäger. Ob er für die damaligen Spessartmenschen auch so etwas wie ein »Robin Hood« war oder ob ihn die Wilderer- und Räuberromantik späterer Zeiten dazu gemacht hat, müssten wissenschaftliche Analysen erweisen.
    Als er 1770 wieder einmal gefasst wurde, übergab ihn das Kurfürstentum an die Holländer, die ihn nach Australien verbannten. Zwei Jahre später war Hasenstab wieder im Spessart und trieb sein Unwesen als Berufswilderer munter weiter. Wenn die Luft rein war, wärmte er sich an den Lagerfeuern der Holzmacher und verschwand ebenso schnell wie er aufgetaucht war.
    Auf der Höhe seines Lebens war der vogelfreie Hasenstab »auf einem Pirschgang hier im Kropfbachtal in einem ehrlichen Zweikampf vom Bischbrunner Revierjäger Johann Sator am 3. Juni 1773 erschossen worden. ... In Erinnerung an ihren Helden des Spessarts stifteten die Getreuen des Johann Adam Hasenstab ein Steinkreuz aus rotem Spessartstein«. So ist es heute zu lesen auf einer Gedenktafel neben dem »Hasenstabkreuz«, das im Kropfbachtal an der Stelle steht, an der er den Tod gefunden haben soll. In den Sockel ist die Jahreszahl 1773 und in den Querbalken sind die Initialen »J A H St« gehauen.
    Der Jäger Sator erhielt, wie im Rechnungsbuch der Kellerei Rothenbuch vermerkt, 15 Gulden »an Schuss- und Fanggeld wegen Erlegung des Wilderers Hasenstab«.
    Weil Hasenstab immer wieder seinen Häschern entkommen konnte, wurden ihm von der Spessartbevölkerung rasch Zauberkräfte und magische Fähigkeiten zugeschrieben. Im Friedhof zu Breitenbrunn fand er seine letzte Ruhestätte. Im Sterberegister der Pfarrei Stadtprozelten ist vermerkt: »Am 3. Juni 1773 ist verstorben und im Breitenbrunner Friedhof begraben worden Johann Adam Hasenstab, der diebische Wildschütz, von den Jägern unseres allerhöchsten und allergnädigsten Kurfürsten mit der Kugel durchbohrt«.

    Des Hasenstabs wahrhaftiges und klägliches Ende
    Wieder einmal hatte der fürstliche Herr zum Mahl geladen und wieder einmal sahen die Gäste mit Betroffenheit, dass aus der Küche nur mickrige Hühner, alte Sauen aus dem Stall , weich-gekochte Milchkühe und gar ein alter, zäher Auerhahn aufgefahren wurden. Zum Hors d'Oeu-vre bekam jeder Gast noch nicht einmal einen ganzen Krebs, die Suppe war aus Wurzelwerk zusammen gekocht  und zum Dessert reichte man der festlichen Gesellschaft Brombeeren.
    Mit betretenem Gesicht sah die hohe Mainzer Geistlichkeit, wie sich ein Gast nach dem ande-ren vorsichtig verabschiedete. Einige zogen sogar heimlich mitgebrachte Spezereien aus den Taschen und manche Damen wurden verdächigt, unter ihren ausladenden Röcken einge-machtes Wildbret versteckt gehalten zu haben, das sie ihren Begleitern auf einem kurzen Spaziergang im Schloßhof heimlich zusteckten. Damit tat man ihnen indes unrecht. Vielmehr stammten die strengen Gerüche, die unter ihren Krinolinen hervor drangen, von einer neuen Philosophie, die besagte, dass der Mensch zu seiner Natur zurück finden und von jeder Wa-schung, insbesondere seiner durch Beinkleider verdeckten Teile, absehen sollte.
    "Es muss ein Ende haben" tobte schließlich der durchlauchtigste Fürst. "Der einfache Mann in den Wäldern genießt das Bret, das unseren Tisch füllen sollte, und uns verbleibt die karge Kost des Häuslers! Man schaffe mir diesen Hasenfuss oder Beilstab oder wie er heißt herbei!, notfalls auch tranchiert oder mit Blei gespickt". Daran zeigte sich, dass der Herr über seiner Jagdlust die Pflege seiner Bildung so vernachlässigt hatte, dass es ihm schwerfiel, auch nur die gebräuchlichsten Namen auf den von ihm abzuzeichnenden Dokumenten zu entziffern. Sein Hofrat verfasste  indes ein Schreiben, das ein Kopfgeld von 10 Taler auf den heimge-kehrten Wildschützen aussetzte, notfalls auch getötet. Niemand widersprach, denn wer hätte schon zugeben mögen, dass die kärglich bezahlten Pürschknechte und Jäger ein besseres Aus-kommen hatten, wenn sie ihr Waidwerk den Herbergen, Hospizen  und Äbten überließen und sie sahen es gern, wenn ihr Herr den Schuldigen in den tiefen Wäldern suchte, wo man seiner schwerlich habhaft werden konnte.
    Weil der aber nun mit seinem Hinkebein zurecht kommen musste, ging das Jagen tatsächlich nicht mehr nach Wunsch. Wohl konnte er das eine oder andere Mal eine Sau oder ein Rehkitz treffen, aber wenn sie dann das Weite suchten, mußte er seinen Braten aufgeben. Da half es auch nichts, dass er immer mehr Zielwasser trank, um die Hand ruhig zu bekommen, so dass er manchmal fast gar nicht mehr laufen konnte. Was blieb ihm so anderes übrig, als mit Schlingen und Fallen sein Weidmannsheil zu suchen. Dem Fleisch, das er lieferte, schadete es nicht, und wer fragte schon danach, wie es zur Strecke gebracht worden war, Hauptsache es half gegen den Hunger. Natürlich bekamen die Forstleute Wind von den Fallen des alten Sprücheklopfers und schlichen ihm nach, so oft sie konnte, aber seine Ohren waren noch gut und bemerkte er seine Beschattung, versteckte er seine Flinte und unternahm eben einen Waldspaziergang. Dabei führte er seine Begleitung auf grausame Weise in die Irre, mitten in die Hecken, so weit wie möglich ab von den Wegen und oft brauchten die Forstleute mehrere Tage, bis sie wieder zu ihren Hütten zurück gefunden hatten. Mittlerweile ging der alte Wild-schütz seelenruhig weiter seinen Geschäften nach.
    Bei einer seiner Streifzüge im Kropfbachtal sah er, dass sich ein recht stattlicher Rehbock in einer Schlinge verfangen hatte. Da stand er nun, über sein künftiges Mittagsmahl gebeugt, und versuchte mit dem ihm eigenen Ungeschick, die Schlinge zu lösen, aber sie wollte nicht und eh er sichs versah, hatte er sich noch an der Hand gerissen und das Blut tropfte ins Laub. Der gewürgte Bock bekam nun aber wieder etwas Luft, zuckte hin und her und kam doch wieder so weit zu Sinnen, dass er den Kopf dem Wildschützen zuwandte und ihm in die andere, noch heile Hand biss. Laut und gotteslästerlich fluchte der nun, nahm seine Flinte und wollte dem boshaften Tier den Garaus machen.
    Über das, was dann passierte, wurde viel Närrisches geschrieben. So, dass unversehens der Revierförster Sator vor ihm gestanden und "Halt" gerufen habe; der Wildschütz habe sein Gewehr hochgerissen, der Sator aber schneller geschossen und  so sei der Hasenstab in heldenhaftem Zweikampf mit einem gezielten Blattschuss zur Strecke gebracht worden sei. Das kann aber gar nicht sein, weil der Hasenstab noch in seinem Draht festhing und überhaupt viel zu besoffen war, um seine Flinte so geschwind hochzureißen. Außerdem gibt es im Spessart keine Helden. Wenn einmal jemand aufmuckte, wurde er nach allen Regeln der Kunst  von den fürstlichen Beamten weichgekocht und zu Hackfleisch verarbeitet, so dass er nur am En-de das Gespött der Leute war und sein Familie nichts mehr zu beißen hatte. So dumm, ein solcher Held sein zu wollen, sind die Spessartler nun aber auch nicht und lassen derartiges bleiben. Lieber begleichen sie ihre Rechnungen dort, wo ihnen keine Leute des Fürsten be-gegnen, nämlich wie der Hasenstab in den fürstlichen Bächen und Wäldern. Hätte der Sator aber die Geschichte anders erzählt, hätte er sich wohl nirgendwo mehr blicken lassen können und vielleicht nicht einmal das Kopfgeld erhalten.
    Denkbar wäre auch gewesen, dass der Sator zumindest gedacht hatte, der Hasenstab wollte schießen und ihn so in vermeintlicher Notwehr erlegte. Aber auch das konnte nicht sein, denn dafür hätte der Jäger mindestens zehnmal schießen müssen, um so gut wie berichtet zu tref-fen, und, zitterig wie er war, hätte er sich dabei wohl eher selbst den Fuß abgeschossen. So-dann wäre es möglich gewesen, dass der Hasenstab seinen alten Jugendfreund Sator wieder erkannt, inne gehalten hätte und sich dachte, "Hoppla, auf seinen alten Freund schießt man doch nicht", der aber dachte sich nichts und schoß. Das ist aber barer Unsinn, denn der Hasenstab und Sator haben sich nie gekannt, der Sator war ein verzogener, geschniegelter Beamtenfratz, der Hasenstab ein ungehobelter Dorftrottel, undenkbar, dass beide etwa die glei-che Schulbank gedrückt hätten. Oder aber, dass der Hasenstab geschossen hatte, aber daneben; sodann die Flucht ergreifen wollte, mit seinem Hinkefuß aber nicht so schnell voran kam wie der Jäger, stolperte und schließlich fiel. Der Sator konnte sich dann vor ihn stellen und aus nächster Nähe erledigen. Dazu fehlte dem Jäger, der eher ein Schreibtischhengst war, aber jeder Schneid und er hätte sich auch gar nicht erst so nah an den - unberechtigter Weise so gefürchteten - Wildschützen heran getraut.

    Die klägliche Wirklichkeit ist, dass sich der Hasenstab so in Draht und Rehbock verfing, dass er den Abzug seiner Flinte mitriß und sich selbst zu seiner großen Verwunderung den Blattschuß gab. So, mit einem ungläubigen Staunen auf dem Gesicht, fand ihn der Revierförster, der den Schuß gehört hatte und mehr gehofft hatte, dass er ein nach einem ganzen Dutzend Fehlschüssen an diesem Morgen doch noch zu einem Stück Wildbret kam, wenn auch geräubert. Zuerst fragte er sich, ob er noch eine seiner eigenen Kugeln in das Schußloch stecken sollte, verzichtete dann aber auch darauf, lief ins nächste Dorf und ließ sich dort sogleich als den Helden feiern, als den man ihn heute unter Forstleuten kennt.

    Auf Wilddiebs Pfaden im Südspessart
    Den Namen des gerissensten Spessartwilderers aller Zeiten kennt heute noch jedes Kind im Spessart! Wenn wir auch von seinem Lebenslauf nicht mehr viel wissen, eine historische Persönlichkeit ist er dennoch gewesen.

    Jetzt können die Wanderer auf Wilddiebs Pfaden die Schauplätze seiner Sagen aufsuchen. Der Rundweg durch den "Räuberischen Spessart" ist 79 km lang und kann in beliebig vielen Etappen erwandert werden. Er führt von Rothenbuch über Lichtenau, Bischbrunn, Schollbrunn, Hundsrückhof, Oberkrausenbach, Dammbach und Weibersbrunn zurück nach Rothenbuch.
    Nach Schollbrunn führt der Weg zum Kropfbachtal.
    Schollbrunn war eine beliebte Bleibe des Wilderers. Das Dorf war aufgespalten in zwei Hälften. Der katholische Teil gehörte zur Kartause Grünau und damit zum Hochstift Würzburg, der protestantische Teil zur Grafschaft Wertheim. Wurde im Würzburgischen nach ihm gefahndet, dann tat er einen Schritt über die Straße und stand im Wertheimischen. Wildern durfte er allerdings nicht in der Grafschaft, wollte er sein Asyl nicht aufs Spiel setzen. Zum Wildern ging er ins Kurmainzische.
    Am Kropfbach (Gemarkung Altenbuch) entlang wandern wir zum Hasenstabskreuz. Auf dem Sockel ist die Jahreszahl 1773 eingemeißelt und auf dem Querbalken stehen als Inschrift die Anfangsbuchstaben seines Namens:J.A.H.St.
    Im Kirchenbuch der Pfarrei Stadtprozelten steht zu lesen, was seinerzeit geschehen ist: "Am 3. Juni 1773 ist verstorben und im Breitenbrunner Friedhof begraben worden Johann Adam Hasenstab, der diebische Wildschütz, von den Jägern unseres allerhöchsten und allergnädigsten Kurfürsten im Spessartwald mit der Kugel durchbohrt".
    Nun führt uns der Weg zum Gedenkstein Wolfsbuche. Das Staatliche Bayerische Forstamt Altenbuch führt die Bezeichnung "Wolfsbaum". Diese Bezeichnung galt einer alten Eiche, die an dieser Stelle stand. Nach der Fällung dieser Eiche wurde eine starke Buche mit dem Namen Wolfsbuche belegt. Aber auch diese wurde schon 1913 gefällt. Heute finden wir dort eine Sandsteinpyramide. Dort soll der letzte Wolf des Spessarts erlegt worden sein. Das Waldhaus "Dianalust" erwandern wir rund 300 m nach der Wolfsbuche. Dieses Waldhaus war früher Treffpunkt und Rastplatz für die Hofjäger zu Zeiten Prinzregent Luitpolds von Bayern. 100 m von "Dianalust" etwas bergab steht das Laudensack-Denkmal. Hier wurde im Oktober 1882 der Waldaufseher Lorenz Laudensack von einem Wilderer erschossen. Unweit der Wolfsbuche und des Laudensack-Denkmals verläuft durch die Waldabteilung "Brettbrunn" der "Blutfinkenweg". Dort wurde am 15. Mai 1866 der Wilderer Amrhein aus Weibersbrunn -genannt der "Blutfink"- von einem Förster erschossen. Wir erreichen das Kreuztor (488 m) und folgen jetzt dem Eselsweg Richtung Süden. Alsbald erreichen wir den Hundrückshof. (Wanderstrecke ca. 15 km)
    Ab Altenbuch und Breitenbrunn besteht auch die Möglichkeit den Spessart vom Planwagen aus zu entdecken. Aber Vorsicht Wegelagerer und Räuber kreuzen bestimmt ihren Weg! Zum Glück gibt es die Henneburg, wo man sich bei einem Rittermal vom Schrecken erholen kann.
    Informationen hierzu bekommen Sie beim FVV Südspessart, Hauptstr. 132, 97909 Stadtprozelten, Tel. 09392/97 60 15 und bei der TI Landkreis Miltenberg, Brückenstr. 2, 63897 Miltenberg, Tel. 09371/50 15 02.

    Einige Links zum Wildschütz: 
    http://www.bayerischer-spessart.de/haslochgrund/HT02/sator_1.htm
    http://www.bayerischer-spessart.de/weibersbrunn/fameuse%20erzwilderer.htm
    http://www.bayerischer-spessart.de/kropfbach/HT01/ein_wilderer_dem_man_ein_gedenkstein.htm
    http://www.bayerischer-spessart.de/kropfbach/HT02/hasenstab_lebenslauf.htm
     
     

    Diesen Artikel haben wir am 14.05.2016 in unseren Katalog aufgenommen.